Leiterin: Antje Wischmann (Institut für Europäische und Vergleichende Sprach- und Literaturwissenschaft)
Die skandinavisch-deutschsprachigen Wechselbeziehungen lassen sich in ganz unterschiedliche Erzählungen fassen, wobei sowohl Freundschafts- oder Verwandtschaftsbeziehungen als auch Konflikte und kriegerische Auseinandersetzungen die Rahmungen vorgeben. Im Zeitraum 1800 bis 1914 sind die Konstellationen von den jeweiligen Vorstellungen der nationalen Identitäten beherrscht; und schließlich wird - auf höchst ambivalente Weise - sogar eine gemeinsame Kulturgemeinschaft proklamiert. Diese ineinander verflochtene Geschichtsschreibung ist überraschend wichtig für die Grundlegung des Faches Nordische Philologie, das erst in den 1960er Jahren mit einem moderneren Fachteil Skandinavistik versehen wurde.
Unser Proseminar beginnt mit einem Streifzug durch die kulturhistorischen Wechselbeziehungen: Nationale Identitäten und Stereotype, das dänisch-deutsche Grenzland, Nordenschwärmerei und Tourismus, die enthusiastische Rezeption skandinavischer Literatur und bildender Kunst um 1900, die Verbreitung der Rassenbiologie, die skandinavischen Länder während des Nationalsozialismus bzw. der Besatzungszeit. Im Anschluss an diese Orientierungsphase sollen die Studierenden (in Zweiergruppen) je nach Hauptsprache selbstgewählte Schwerpunkte vertiefen und im Rahmen von Moderationen zur Diskussion stellen. Diese Fallstudien widmen sich historischen oder aktuellen Wechselbeziehungen, wie z.B. Selbst- und Fremdbildern in Reiseführern, der Rezeption skandinavischer Krimis und deren Marketing, der medialen Berichterstattung über Skandinavien oder der Verklärung des wohlfahrtsstaatlichen Modells.